Mehr dazu auf

www.ue70.ch

 

 

 

 

 

Wir ahnten, es wird schwierig!                                    23. Mai 2023


Rund 320 Texte zum Thema «Ahnen/ahnen» sind im Lauf des Jahres 2022 bei uns eingetroffen. Während geschätzte 95% das Wettbewerbsthema grossgeschrieben interpretierten (Ahnen), gab es auch eine qualifizierte Minderheit, in deren Texten es um Ahnungen ging. Oder die beide Lesarten gar kombinierten: Ahnungen hinsichtlich der Ahnen…

Die prämierten Texte und ihre AutorInnen sind:
René Graf, „Vorher“
Margit Heumann, „Das Versprechen“
Anna Kuster, „Ahnen“
Brigitta Michel-Schwartze, „Komposition“
Christine Olmos, „Marie.Elise.Fritz“
Detlef Siehl, „Die junge Agathe“
Brigitte Stuiber, „Meine drei Grossmütter“
Niklaus Völke, „Mein Bruder der Kelte“
Die 8 GewinnerInnen präsentieren im Rahmen des Festivals Zürich liest 2023 am Samstag 28.10.2023 10:30 Uhr im JULL, Bärengasse 20, 8001 Zürich, Ausschnitte aus Ihren prämierten Texten. Danach geht es ins Höhen-Schreibtrainingslager mit Schreibcoach Richard Reich nach St. Moritz inklusive einer weiteren Lesung am Freitag,

03.11.2023 20:30 Uhr in der Bibliothek des Hotels Laudinella, Via Tegiatscha 17, 7500 St. Moritz.

 

Auszug aus "Das Versprechen"

...

In einem Krakauer Gasthof begrüßen sich am 24. Februar 2022 David, der 69-jährige Landwirt aus Bayern, und Pjotr, der 76-jährige Bauer aus Tscherkassy. Ein Treffen, einzig und allein zustandegekommen durch ein Versprechen, das jetzt im Auftrag ihrer Vorfahren endlich eingelöst werden soll.
„Wo Marie?“, fragt Pjotr nach dem ersten Händeschütteln und fügt hinzu: „Entschuldigung für wenig Deutsch.“
„Meine Mutter liegt im Krankenhaus, Schlaganfall. Aber sie wollte, dass ich trotzdem fahre.“
Pjotr nickt. Holt ein Stoffsäckchen aus der Tasche und kippt den Inhalt auf seine Linke. Ein rundes Stück Metall an einer dünnen silbernen Kette. Ein Amulett. Zerbrechlich sieht es aus auf dieser abgearbeiteten Handfläche, die er David hinstreckt. Der greift danach, seine Bauernfinger mühen sich mit dem winzigen Verschluss ab. Innen das Bild eines blondbezopften Mädchens, seine Mutter als Kind, wie er sie nicht kennt.
„Mein Vater hat Brief geschrieben“, sagt Pjotr in die Stille.
„Liebe Marie, Tochter meines Freundes Hans“, liest David, „dieses Amulett hat dein Vater immer bei sich ge-

...

 

 

<  zurück